Das historische Gau-Odernheim
ein Rundgang
Von Bernd Manz und Ernst Mayer

Straßenabschnitt 4

Karte 4

Kirche - Kirchplatz - Friedhof

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Inhaltsverzeichnis Impressum


Simultankirche

Abb. 30: Simultankirche

Simultankirche
Sie besteht aus drei Teilen: Turm (Eigner: Ortsgemeinde), Langhaus oder Schiff (evangelische Kirchengemeinde), Chor (katholische Kirchengemeinde).

Kirchturm

Abb. 31: Kirchturm

Der Turm wurde 1830-33 von der bürgerlichen Gemeinde errichtet und ist “ein für Rheinhessen frühes Beispiel der Neugotik” (Kaiser). Der gotische Vorgängerturm (1344) stand auf dem heutigen Kirchplatz in Höhe des Eingangs zum Kirchenschiff. Während eines Gottesdienstes am 17. Februar 1799, 13 Uhr, stürzte er ein und begrub sieben Menschen unter sich - ausschließlich Männer -, die auf der Männerseite saßen.

Langhaus - evangelische Kirche

Abb. 32: Langhaus - evangelische Kirche

Der gotischen Kirche ging ein romanischer Vorgängerbau voraus. Auf Grund von Ausgrabungen ist davon auszugehen, dass er dieselben Maße hatte wie die jetzige Kirche. Deren Langhaus errichtete Baumeister Johann von Diepach (1415-1420); es wurde zuletzt 1965/66 renoviert. Seit 1891 sind Chor und Langhaus durch eine steinerne Mauer getrennt.

Innenausstattung des Langhauses (evangelischer Teil)

Orgel - Prospekt (18. Jahrhundert)

Abb. 33: Orgel - Prospekt (18. Jahrhundert)

Orgel mit Prospekt des 18. Jahrhunderts und Orgelwerk von 1966

Gemaelde Westseite

Abb. 34: Gemälde Westseite

Gemäldereste an der Westseite: jüngstes Gericht, zehn ägyptische Plagen, zehn Gebote

Gemaelde Nordwand

Abb. 35: Gemälde Nordwand

hll. Stephanus und Rufus

Passionszyklus an der Nordwand

Abb. 36: Passionszyklus an der Nordwand

Rankenbordüre

Abb. 37: Rankenbordüre “Anbetung der Könige” an der Ostwand

Epitaph

Abb. 38: Epitaph

Renaissance-Epitaph des Gau-Odernheimer kurpfälzischen Rates und Kanzlers Conrad Reuber von Enger (1542-1607)

Renaissancekanzel (1543)

Abb. 39: Renaissancekanzel (1543)

kunsthistorisch bedeutsame Renaissancekanzel (1543)

Wandverkleidung

Abb. 40: Wandverkleidung

Wandverkleidung (Intarsienarbeit), vermutlich aus der Burg stammend (17. Jhdt.)

Chor - katholische Kirche

Abb. 41: Chor - katholische Kirche

Den Chor erbaute Meister Arnold aus Frankfurt (1497-1507). In den Jahren 1963-1966 und 1996-2001 wurden Chorinnenraum und Stummorgel restauriert.

Netzrippengewölbe

Abb. 41a: Netzrippengewölbe

Die Kappen des Netzrippengewölbes sind als Himmelszelt ausgemalt.

Innenausstattung des Chors (katholische Kirche)

Stummorgel (Barock)

Abb. 42: Stummorgel (Barock)

Barockorgel der Gebrüder Stumm, am 10.11.2001 wieder in Dienst gestellt

Rufus-Sarkophag

Abb. 43: Rufus-Sarkophag

Rufus-Sarkophag auf 800 bis 1000 datiert. Die Gebeine des Hl. Rufus, Bischof von Metz und Schutzpatron der Kirche, wurden um 800 nach Odernheim überführt und im Mittelalter als Reliquie verehrt.

Rufus Grabplatte

Abb. 44: Rufus Grabplatte

Rufus Grabplatte, 1418. Sie wurde von der Choraußenseite in das Chorinnere gebracht (1999)

Renaissancegrabmal

Abb. 45: Renaissancegrabmal

Renaissancegrabmal für Eberhardt Vetzer von Geispitzheim (gest. 1520) und seiner Ehefrau Lisa von Ingelheim (gest. 1519)

Barocke Kanzel

Abb. 46: Barocke Kanzel, um 1720

Pfarrhaus und ehemaliges Schulhaus

Abb. 47: Pfarrhaus und ehemaliges Schulhaus

Der Kirchplatz diente bis 1839 als Friedhof (Straße “Am alten Friedhof”). Danach wurde er eingeebnet. Eigentümer des Geländes wurden die beiden Kirchengemeinden nach langen Streitigkeiten mit der bürgerlichen Gemeinde. (1853)
Neben dem stattlichen evangelischen Pfarrhaus (16. Jhdt.) steht ein niedriges Gebäude, dessen Vorgängerbau bereits um 1500 als Schule genutzt wurde und ab 1705 als Schulhaus der reformierten Gemeinde diente. Nach dem Umbau von 1744 erhielt das Haus seine heutige Form. Ab 1830 wurde es als Lehrerwohnung genutzt. Im Jahre 1960 richtete die evangelische Kirchengemeinde einen Gemeinderaum ein, bevor das große Gemeindehaus (Jugendheim) am 1.12.1974 in Dienst genommen wurde.

ehemaliges evangelisches Schulhaus (1844)

Abb. 48: ehemaliges evangelisches Schulhaus (1844)

Das ehemalige evangelische Schulhaus, Kirchplatz 14, wurde 1844 erbaut. Es enthielt eine Lehrerwohnung und darüber einen Schulsaal. Hier verlief die westliche Stadtmauer. Das Schulhaus entstand an der Stelle des früheren “Jungfernturmes” für weibliche Gefangene.

Denkmal 1870/71

Abb. 49: Denkmal 1870/71

Vor dem Haus Kirchplatz 14 erinnert ein Denkmal an die Teilnehmer des deutsch-französischen Krieges 1870/71, errichtet 1874.

Friedenseiche (1872)

Abb. 50: Friedenseiche (1872)

Die Eiche wurde am 3. März 1872 als “Friedenseiche” gepflanzt. In der Einweihungsrede taucht das Repertoire rechter Sesselgeneräle auf:
- die Eiche als Sinnbild deutscher Kraft und Stärke,
- der freche Erbfeind Frankreich,
- der lang gehemmte Volksgeist,
- das heilige Gefühl der Vaterlandsliebe,
- kämpfen, bluten und sterben für Deutschlands Macht, Ehre und Freiheit,
- Taten, welche durch unser Volk in Waffen geschahen, sind so groß, dass wir in ihnen das Walten der Gottheit erkennen.

Denkmal für Gefallene der Weltkriege

Abb. 51: Denkmal für Gefallene der Weltkriege

Die Ergebnisse dieser Sprüche sind wenige Meter weiter auf dem Friedhof zu sehen. Rechts steht das Denkmal für die Opfer des ersten Weltkrieges (63 Gefallene) und des zweiten (67 Gefallene, 52 Vermisste), links daneben Gräber, in denen fünf Soldaten und drei jugendliche Opfer von Bombenangriffen bestattet sind. Name, Geburts- und Todesjahr sind auf den niedrigen Steinkreuzen vermerkt.

Gedenkstein

Abb. 52: Gedenkstein

Gegenüber stehen zwei Gedenksteine. Einer erinnert an zwei Opfer, die am 21.11.1944 in Frankfurt/Main wegen Hörens ausländischer Sender hingerichtet wurden.

Gedenkstein

Abb. 53: Gedenkstein

Auf einem weiteren Gedenkstein ist der siebenarmige Leuchter (Menora) eingraviert. Die Inschrift: “Der jüdischen Gemeinde und allen Opfern des Faschismus in Gau-Odernheim – Gegen das Vergessen”. In Gau-Odernheim existierte wahrscheinlich schon im 17. Jahrhundert eine jüdische Gemeinde. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es 12 bis 15 jüdische Familien, die sozial integriert waren. In der Mainzer Straße 12 (Haus Kratz) stand die Synagoge, erbaut 1868, in der auch die israelitische Elementarschule untergebracht war. Der jüdische Friedhof befand sich auf dem breiten Wall zwischen der Stadtmauer und der oberen Brunnenstraße.

jüdischer Friedhof

Abb. 54: jüdischer Friedhof

jüdischer Friedhof - Grabstein

Abb. 54a: jüdischer Friedhof - Grabstein

Der jüdische Friedhof “Am Schallenberg”, 1830 angelegt, ist mit Grabsteinen bis 1935 erhalten.
Von 47 Personen kamen 13 in der Deportation um; fünf verstarben noch in Gau-Odernheim. Die übrigen konnten noch in die USA auswandern.

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