Das historische Gau-Odernheim
ein Rundgang
Von Bernd Manz und Ernst Mayer

Straßenabschnitt 5

Karte 5

Mainzer Straße - Zehnthofstraße - Nach dem Alten Schloss

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Mausfall

Abb. 55: “Mausfall”

Vom Friedhof erreicht man über die Alzeyer Nebenstraße die Kurve der Mainzer Straße. In Höhe des früheren Kaufmarktes und des Hauses Matthäus, Mainzer Straße 28, stand das Obertor. Es bildete den zweiten Zugang von Bingen her und war durch einen breiten Wall, Gräben und eine Zugbrücke gesichert. Vor dem äußeren Graben stand auf jeder Seite ein rundes Wächtertürmchen.
Bürgermeister Scholl (1692) bezeichnet das Areal um das Obertor als “Mausfall”; der Begriff hat jedoch nichts mit der Mausfalle zu tun, sondern leitet sich von “Maut” = Zoll ab, der am Obertor erhoben wurde (vgl. Binger Mäuseturm = Mautturm).

Stadtmauer

Abb. 56: Stadtmauer

Die Stadtmauer verlief etwa 80 Meter in Richtung Brunnenstraße und bog am Eppichturm (= Ewig-Turm) nach Osten ab. Von der Brunnenstraße aus sind noch Reste der Stadtmauer zu erkennen.

Gutshof (Haus Weber)

Abb. 57: Gutshof (Haus Weber)

Gutshof (Haus Krebs-Grode)

Abb. 58: Gutshof (Haus Krebs-Grode)

Hoftor

Abb. 58a: Hoftor

Mainzer Straße 11 (Haus Weber) und 13 (Haus Krebs-Grode) sind Beispiele fränkischer Wohnanlagen. Die Dreiseithöfe mit Wohnhaus, Stallungen und querstehender, rückwärtiger Scheune sind nach der Straße durch ein großes Tor mit einer kleinen seitlichen Pforte abgeschlossen.
Die Gutshöfe, deren Anfänge aus dem 16. Jahrhundert stammen, gehörten den adeligen Pfandherren und Amtmännern der Familien von Sturmfeder, von Friesenhausen, von Ketschau, von Lehrbach (16.-18. Jhdt.).

Fluchtgang

Abb. 59: Fluchtgang

Im Keller des Hauses Weber ist ein Einstiegsloch von zwei sich kreuzenden Tonnengewölben erhalten. Weitere Reste dieser Ausfall- bzw. Fluchtgänge gibt es im Stadtschreiberhaus (Haus Arnoldi).

Zehnthofgasse

Abb. 60: Zehnthofgasse

Wir biegen unterhalb des Hofes Krebs-Grode, Mainzer Straße 13, ortseinwärts links in die Zehnthofgasse ein. Im unteren Teil stieß man bei Erdarbeiten (1955) auf merowingische Gräber (um 650). Das fränkische Dorf “Odernheim = Heim des Otero” erstreckte sich von hier bis zur Westseite des Obermarktes (siehe Abb. 17). Beim Gang durch die Zehnhofstraße blickt man auf die tiefer gelegenen Gärten und Häuser der Brunnenstraße; sie liegen im ehemaligen Stadtgraben.

Spitalgasse

Abb. 61: Spitalgasse

Wir erreichen die Spitalgasse. Im Anwesen Nr. 12 (Lauth / Schweitzer) stand das Zentrum des Spitalhofs. Er gehörte den Prämonstratensern in Kaiserslautern, die bereits im Mittelalter in Odernheim Güter besaßen und ein Spital unterhielten.
Am unteren Ende der Spitalgasse stand ein runder Turm mit Steinhelm, der “Bleichturm”. Davor lag der “Bleichplatz” für die Wäsche, den man durch die “Stöckelpforte” in der Stadtmauer erreichte. Die Bleiche erstreckte sich ursprünglich von der Selz über die gesamte Länge der heutigen Brunnenstraße. Bis 1907 bleichte man die Wäsche auf einem kleineren Areal zwischen Selz und Spitalgasse. In den Jahren 1917 bis 1930 diente der Bleichplatz als Turn- und Festplatz.

Burg bzw. Schloss

Abb. 62: Burg bzw. Schloss

Schlossturm

Abb. 63: Schlossturm

Die Burg (auch “Schloss”) wurde im Zuge der Stadtbefestigung nach 1286 als Wasserburg auf einer 1490 Quadratmeter großen Fläche erbaut. Auf drei Seiten war sie vom Schlossgraben umgeben, der in den Stadtgraben mündete. Nach Norden schützte sie ein 14 Meter breiter und 4 bis 5 Meter hoher Quaderwall. Der Eingang lag nach Süden (Straße “Nach dem alten Schloss” - früher “Froschaugasse”).
Einen Vorgängerbau vermutet GREDY in der Zeit, als Odernheim im Besitz der Bischöfe von Metz war (600-1187). Im Teilungsvertrag der Brüder Werner II. und Philipp von Bolanden (1187) werden “Seßmannen in der Burg zu Odernheim” namentlich genannt. Zerstört wurde die Burg gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges; lediglich der mächtige Turm und ein paar Mauerreste blieben übrig.
Elementare Gewalt warf Odernheim in verschiedenen Epochen zurück darunter drei Feuersbrünste: 1479 (Rest: sechs Häuser), 1553, 1689 (Brandstiftung im Pfälzischen Erbfolgekrieg). Hinzu kamen Kriegslasten in Form von Kriegsdienst, Geldbeträgen, Naturalien, Hand- und Spanndienste, Besatzung, Plünderung, Zerstörung (1664, 1668, 1673). Während man im Mittelalter von etwa 1000 Einwohnern ausgehen kann, zählte Odernheim nach dem Dreißigjährigen Krieg noch 30 Familien (ca. 160 Personen).

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